Frauenmantel
Alchemilla vulgaris
Der Frauenmantel gehört zur Familie der Rosengewächse und ist mit seinen über 300 Unterarten, die zur Familie der Alchemilla gehören, in Europa, Amerika, Afrika und Asien verbreitet. Es gibt auch stark behaarte Formen des Frauenmantels, die man als Silbermantel bezeichnet. Alchemilla ist, so unwahrscheinlich es auch klingen mag, die älteste Schwester der Rose.
Der in Europa vorkommende Frauenmantel, auf den wir uns hier konzentrieren, ist als Gemeiner oder Gewöhnlicher Frauenmantel oder auch Spitzlappiger Frauenmantel bekannt. Er ist in Europa sehr weit verbreitet und man findet ihn auf Wiesen (besonders Feuchtwiesen), in lichten Wäldern, in Gebüschen, an Uferböschungen und auf Heideflächen. Überall, wo es feuchte, kalk- und nährstoff-reiche oder lehmige Böden gibt, kann man auch den Frauenmantel finden. Man kennt ihn unter vielen Namen, so ist er auch als Alchemistenkraut, Tränenschön, Wasserkelchblume, Gewittergras, Marienkraut, Frauenrock, Frauenhilf, Perlkraut, Liebfrauenmantel, Marienmantel, Taumantel oderTaukraut, Hasenmänteli, Taubercherl, Tränenschön oder Sinau, Echter Sinau usw. bekannt. Einige Namen weisen auf eine Besonderheit des Frauenmantels hin: Er schwitzt kristallklares Wasser aus den Spitzen seiner Blattzähnchen. Diese Tropfen sammeln sich in der Mitte der Blätter zu einem großen Tropfen. Diese waren besonders bei den Alchemisten im Mittelalter beliebt, was ihm auch den Namen Alchemistenkraut einbrachte. Andere Namen beziehen sich auf seine Heilwirkung, die besonders bei Frauen zur Anwendung kommt. Der in Europa kommende Frauenmantel besitzt sehr viele Unterarten, von denen aber fast alle als Heilpflanze Verwendung finden. Wenn von einer Verwechslungsgefahr des Gewöhnlichen Frauenmantels mit anderen Frauenmantelarten gesprochen wird, ist das absolut kein Problem, da sich deren Inhalts- und Wirkstoffe so ähneln, dass es so gut wie keine Unterschiede gibt.
Der Frauenmantel war bei den Kelten sehr beliebt und war dem Sonnengott Belenos geweiht. Die Druiden verwendeten besonders gern das sich in den Blättern gesammelte Wasser, was als Rosentau bezeichnet wurde, für kultische Handlungen und rituelle Reinigungen. Er wurde auch als Zauber- und Orakelpflanze verwendet. Ganz besonders diente er zur Wettervorhersage, da es zur verstärkten Tropfenbildung kommt, wenn sich Regen ankündigt. Auch zum Verräuchern als Gegenzauber zu Verwünschungen wurde er - zusammen mit der einheimischen Goldrute - verwendet. Bei den alten Germanen war der Rosentau der Göttin Frigga geweiht. Auch die Göttin Freya weinte goldene Tränen, als Odin sie zurückließ, weil er zu fernen Völkern zog. Doch nicht nur Frigga und Freya weihte man diese Pflanze, sondern auch Ostera oder Holla, der Göttin der Natur und ihrer Fruchtbarkeit, der Liebe und der Beschützerin der Ehe und der Geburt. Bei den Römern war die Pflanze der Göttin Venus geweiht. Der Sage nach stellten die Wassertropfen die Tränen von Frigga dar, die sie um ihren Gatten geweint hatte. Wie so oft in der Geschichte unserer einheimischen Pflanzen fiel auch den Christen etwas zur Alchemilla ein. Eine Saga berichtet, dass die Tautropfen in den Blättern von den Tränen junger Engel stammen würden, die sich vom Teufel hatten verführen lassen und dies dann bitter bereuten. Auch Maria kam wieder, wie so oft, ins Spiel. Es war im Mittelalter modern geworden, Statuen von Maria in weite, ausgebreitete Mäntel zu hüllen, die beschützend wirken sollten. Gleichzeitig galt Mutter Maria als ewige, unbefleckte Jungfrau. Dies deckte sich mit der Vermehrung der Alchemilla, die sich ebenfalls durch Parthenogenese, als sog. Jungfernzeugung, mittels Samen vermehrte. So wurde die Pflanze von ihrem Namen Adarca - Rosentau - in den Namen Frauenmantel umgetauft. Bei den Alchemisten im Mittelalter stand die Pflanze ebenfalls in hohem Ansehen, weil sie glaubten, mit Hilfe des Tautropfens Gold herstellen zu können. Bis zum heutigen Tag hat sich die Tradition der Druiden erhalten, Frauenmantel gegen Verwünschungen und Verfluchungen zu verräuchern oder das Kraut vor allem in Ställen aufzuhängen. In Frankreich, vor allem in der Normandie und in der Bretagne ist es auch heute noch auf einigen Bauernhöfe Tradition, Milchkühen Frauenmantel zu verabreichen, wenn sie zu wenig oder gar keine Milch mehr geben. Ebenso kann man beobachten, dass in dieser Gegend einige Hufschmiede das Eisen in Wasser ablöschen, in den Blätter vom Frauenmantel schwimmen. Dies soll wirksam sein, damit die Pferde ihre Hufe nicht verlieren oder auch um Hufleiden vorzubeugen. (Quelle: "Der Garten der Druiden", Dr. claudia Urbanovski, Dr. Gwenc´hlan Le Scouezec)
Entgegen den gallisch-keltischen Druden-Ärzten, die dem Kraut kaum eine medizinische Bedeutung billigten, verwendete germanische Hebammen das Kraut mit Met vermischt als Wochenbetttrunk, um die junge Mutter nach der schweren Geburt zu stärken. Interessanterweise äußerten sich auch Dioscurides, Hippokrates und Galenus nicht allzu viel zur Heilwirkung der Pflanze. Erwähnt wird lediglich, dass es bei Durchfall oder als Umschlag bei Quetschungen und Schwellungen zum Einsatz kommen könne. Im frühen Mittelalter veränderte sich dann der Ruf des Frauenmantels hinsichtlich seiner Heilkraft. Hier war er eine angesehene Heilpflanze, der nicht nur als ein besonders gutes Frauenheilkraut eine große Rolle spielte, sondern auch bei Magen- und Darmproblemen, Atemwegbeschwerden, bei Hautkrankheiten, Halsschmerzen und Zahnfleischentzündungen seine Anwendung fand.
Die Wirkstoffe des Frauenmantels sind u.a. Gerb- und Bitterstoffe, ätherische Öle, Saponine, Flavonoide, Glykoside, organische Säuren und Harze. Und auch wenn die Meinungen der alten Druiden-Ärzte hinsichtlich einer geringen Heilwirkung von Frauenmantel mit der der heutigen sog. Schulmedizin fast übereinstimmen, sagen die Erfahrungen der Volksheilkunde etwas ganz anderes aus. Durch die entzündungshemmenden, wundheilenden, adstringierenden, antibakteriellen, krampflösenden, herzstärkenden, beruhigenden, durchblutungsfördernden, blutstillenden und nervenstärkenden Eigenschaften hat der Frauenmantel hier eine große Bedeutung. Ein Tee aus Frauenmantel schmeckt nicht nur köstlich, er hat auch einen positiven Einfluss auf das Nervensystem, die Blutgefäße sowie auf das Herz und bei Frauenleiden, wie Menstruationsbeschwerden und in den Wechseljahren. Auch bei Magenbeschwerden und Durchfällen ist er ein guter Helfer. Ebenso eignet er sich sehr gut für Waschungen und Umschläge bei Hautunreinheiten, Entzündungen der Haut und Ekzeme sowie zum Gurgeln bei Halsschmerzen und Zahnfleischentzündungen.
Gesammelt werden entweder das gesamte Kraut, die Wurzeln oder die Blätter mit Stielen in der Zeit von April bis Ende August, nachdem der Tau abgetrocknet ist. Die Farbe des frischen Krautes darf während des Trocknungsvorganges nicht verloren gehen, deshalb an einem luftigen und schattigen Ort das Sammelgut in dünne Schichten auslegen. Verwechselt werden kann der Gewöhnliche Frauenmantel mit anderen Frauenmantel-Arten, die aber die gleichen oder ähnliche Wirkungsweisen wie dieser aufweisen.
Beschreibung
Der Frauenmantel ist eine halbhohe, ausdauernde Staude, die verzweigte und beblätterte Blütenstiele austreibt, die eine Höhe zwischen 10 bis sogar 50 cm erreichen kann. Seine für ihn typischen Blätter sind kreis- bis nierenförmig und die in Trugdolden stehenden Blüten zeigen sich in gelbgrünen Farben. Die Blätter sind 5- bis 11-lappig und erinnern an einen mantelartigen Umhang. Auf der Blattoberseite ist am Rand und in den Falten eine Behaarung zu erkennen. Während die ersten Blätter meist kahl sind, kann man im Sommer auch Blätter finden, die diese Behaarung überall aufweisen. Die Blütenstiele sind kahl und ca. 1 bis 3 mm lang und stark spreizend. Der Blütenstand selbst ist 2 bis 20 cm breit und die Blüten zeigen sich in grün bis gelbgrün. Sie sind Tag und Nacht geöffnet und werden auch gern von Insekten besucht, was der Pflanze selbst aber keinen Nutzen bringt, da sich die Samen auch ohne Befruchtung entwickeln.
Anwendungsgebiete
* Durchfall
* leichte Magenbeschwerden
* Erkältungen
* Frauenleiden (u.a. Menstruationsbeschwerden, Probleme in den Wechseljahren Unterleibsentzündungen, Weißfluss, innere Verletzungen nach der Geburt usw.)
* Halsschmerzen
* Zahnfleischentzündungen
* Hautprobleme und -entzündungen sowie Ekzeme
* Schlafstörungen
* schlecht heilende Wunden
* wirkt positiv auf das Nervensystem
* Arteriosklerose
* Förderung des Milchflusses bei stillenden Müttern
* Straffung der Haut
* Linderung von Sommersprossen
* Lidrandentzündungen
Frauenmantel sollte während der Schwangerschaft nicht innerlich verwendet werden.
Durch die Kommission E liegt eine positive Bewertung bei leichten akuten, unspezifischen Durchfällen und bei leichten Magen- und Darmstörungen vor.