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 Borretsch

Borretsch

Borago officinalis

Borretsch - oft auch Boretsch geschrieben - gehört zur Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae). Die Pflanze kommt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum und ist erst seit dem späten Mittelalter auch in Mitteleuropa heimisch. Einige Quellen sprechen zwar davon, dass Borretsch schon den alten Griechen und Römern bekannt gewesen sei und dass man ihn vor allem im Römischen Reich als Beilage zu Fisch und Eierspeisen liebte, aber zuverlässigen Quellen zufolge kam diese Heil- und Gewürzpflanze durch die Araber im 8. Jahrhundert über Südspanien aus dem Mittelmeerraum nach Europa. Durch den gurkenähnlichen Geschmack der Blätter wurde das Kraut unter dem deutschen Namen Gurkenkraut bekannt. Borretsch wurde zu allererst in Frankreich angebaut, und erst im 16. Jahrhundert kultivierte man ihn auch in Deutschland in den Bauerngärten. Er gilt als sogenannter Gartenflüchtling und verwilderte an vielen Orten. 

Welche Bedeutung dieses Kraut mit seinem besonderen Geschmack hatte, zeigen auch seine verschiedenen volkstümlichen Namen. Wie schon erwähnt, war er speziell als "Gurkenkraut" bekannt, weitere Namen sind u.a. Liebäuglein, Augenzier, Burretsch, Herzblümlein, Guckunnenkraut oder Wohlgemuth sowie Blauhimmelstern. Man kennt ihn aber unter weiteren Trivialnamen wie Barasie, Bernarghe, Borach, Borets, Boretsch, Poorist, Puretsch usw. Bekannt ist das Kraut auch unter Gurkenkönig oder Herzensfreund sowie Kukumerkraut. 

Borretsch hatte den Ruf, nicht nur ein gutes Gewürzkraut zu sein, sondern auch die Lebensgeister zu wecken. So schrieb John Gerard in "The Herball or Generall Historie of Plantes" zu Borretsch Folgendes: 

" Heute tun die Menschen die Blüten in den Salat, um sich fröhlich zu stimmen und die Laune zu verbessern. Vieles kann man aus der Pflanze machen, was das Herz erleichtert, die Sorgen vertreibt und den Geist erhebt. Die Blätter des Borretschs, im Wein zu sich genommen, machen Männer und Frauen froh und glücklich, vertreiben Trauer, Langeweile und Melancholie, das haben bereits Dioskorides und Plinius bestätigt. Sirup aus Borretschblüten ist gut für das Herz, lässt die Melancholie vergehen und beruhigt die Verrückten." 

Dass Borretsch in den arabischen Ländern nicht nur als Gewürzkraut verwendet wurde, zeigen Ausgrabungen in der syrischen Doura-Höhle. Hier entdeckte man zwei Meter dicke Ablagerungen von Borretschhülsen, deren Alter auf 100.000 bis 40.000 v.Chr. zurückgehen. Da Borretschsamen nur schwer zu verarbeiten ist, kann man davon ausgehen, dass er nicht nur zu Nahrungszwecken verwendet wurde. Vor über 500 Jahren wurde Borretsch erstmalig erwähnt. Die Überlieferung zeigt auf, dass man Borretsch in Wein einlegte, um mit diesem trübe Gedanken und Trauer zu vertreiben und auch die Lust auf Sex zu steigern. Auch Hildegard von Bingen erwähnte diese Pflanze und schrieb, dass sich diese positiv auf Herz, Gemüt und den Gefühlszustand auswirke. Borretsch gehörte zu Goethes Zeiten zu den sieben Kräutern der berühmten Frankfurter grünen Soße, denn er ist ein mildaromatisches Würzkraut, das man in beliebiger Menge Kräutergemischen beifügen kann, da es die Eigenschaft hat, das Aroma der anderen Würzkräuter zu heben, ohne dass sein gurkenartiger Geschmack in den Vordergrund tritt. Zusätzlich gilt Borretsch als leicht harntreibend, blutreinigend, entzündungswidrig und vor allem herz- und nervenstärkend ist. 

Welche Inhaltsstoffe sind es nun, die Borretsch nicht nur zu einer tollen Gewürzpflanze machen, sondern ihm derart positive Wirkungen als Aphrodisiakum, bei Gicht, Herpes, Husten und Lungenblähungen, bei nervösen Herzbeschwerden, Ödemen und Steinerkrankungen sowie bei hitzigen und Entzündungskrankheiten zuschreiben? Die Pflanze wartet mit Flavonoiden, Gerbstoffen, Saponinen, Stärke, Harz, Kieselsäure, diversen Fettsäuren, verschiedenen Mineralien, Schleimstoffen, ätherischem Öl und Vitamin C auf. Die Wirkstoffe Gammalinolsäure (GLS) und Alphalinolsäure (ALS) gelten heutzutage als besonders wirksam. Letztere findet man auch in der Muttermilch vor, und sie steht derzeit im Augenmerk der Forschung hinsichtlich der Behandlung der Alzheimer-Krankheit, während die Gammalinolsäure sich zur Linderung des Prämenstruellen Syndroms (PMS) eignet. Unter PMS werden komplexe körperliche und emotionale Beschwerden bei Frauen im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus bezeichnet. 

Ein altes Hausmittel ist, um Melancholie bzw. depressive Stimmungsschwankungen sowie Traurigkeit zu lindern bzw. zu beseitigen, Borretschblätter und -blüten zu trocknen und danach z.B. zu Pulver zu verarbeiten. Dieses kann man nun u.a. in Honig einrühren. Probiert es einfach einmal aus. 

Doch wie es bei vielen Heilkräutern der Fall ist, hob man nach Laboruntersuchungen der Pflanze auch bei dieser den warnenden Zeigefinger. Borretschblätter enthalten in geringen Mengen Pyrrolizidinalkaloide, die als leberschädigend gelten. Auch Beinwell und Huflattich fallen heutzutage in die Kategorie der leberschädigenden Pflanzen aufgrund dieser Alkaloide, obwohl mittlerweile festgestellt wurde, dass man diese Pflanzen jeden Tag schon in Massen genießen müsste, damit sich eine leberschädigende Wirkung zeigen würde. Obwohl sich Wissenschaft und Forschung dieser Tatsache bewusst sind, wird nichts getan, das Image dieser Heilpflanze (ebenso der anderen) wiederherzustellen. Es ist vermutlich eher das Gegenteil der Fall. Neue Recherchen ergeben aber, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung mittlerweile nicht mehr von dem Genuss dieser Pflanze abrät, sondern nur empfiehlt, von einem regelmäßigen Genuss abzusehen. Dieser gilt, laut dem Institut, als unbedenklich, das gilt auch für den Verzehr der Blüten und Samen, da diese die genannten Alkaloide überhaupt nicht und nur in Spuren enthalten. Dies trifft auch auf Borretschöl zu, welches aus den Samen gepresst wird. 1 Es gab vor gar nicht langer Zeit Bemühungen, Borretsch aus der bekannten Frankfurter Soße herauszunehmen. Nach heftigen Protesten vor allem der Frankfurter Bevölkerung ließ man dieses Vorhaben wieder fallen. 

Junge Blätter und Blüten von Borretsch können bis zum Herbst geerntet werden. Einlegen in Essig ist möglich. Vor allem die hübschen Blüten, die keine Pyrrolizidinalkaloide enthalten, sind eine wunderschöne Dekoration in jedem Salat und können auch kandiert oder in Eiswürfel eingefroren werden. Die frischen Blätter können fein gehackt in Salaten, Kräuterquark, Saucen verwendet werden oder gegart als Blattgemüse. Mayonnaisen, Eier- und Käsespeisen werden durch dieses wohlschmeckende Kraut aufgewertet. 

Bei der Ernte wird empfindlichen Personen das Tragen von Handschuhen empfohlen, da die borstig stacheligen Blätter bei diesen zu allergischen Reaktionen führen können. Schwangere und Kinder sollten aufgrund der Pyrrolizidinalkaloide vorsichtshalber auf Borretsch verzichten. Die Volksmedizin empfiehlt die Einnahme von Borretsch (z.B. in Form von Tees) ebenfalls nur über einen eng begrenzten Zeitraum. Leider verlieren Blüten und Blätter beim Trocknen ihr Aroma und sollten zum Würzen von Speisen immer frisch verwendet werden. Aus dem Samen wird ein Öl gewonnen, das ähnlich wie das Nachtkerzen-Öl wirkt und gegen Neurodermitis, aber auch stressbedingte Beschwerden eingesetzt wird. Da die Samen (ebenso wie die Blüten) keinerlei Alkaloide aufweisen, können diese ohne Bedenken eingesetzt werden. Borretschsamen enthält u.a. ca. 20 % Gamma-Linolensäure. Borretschsamen-Öl wirkt entzündungshemmend, juckreizstillend, abschwellend und wirkt sich positiv auf die Regulierung des Zellstoffwechsels aus. 

Borretschpflanzen können mit ihren hohen bis zu 80 cm hohen Stauden so mancher Prachtstaude im Garten Konkurrenz machen. Gerade in der heutigen Zeit, wo wir ein Sterben unserer Insekten verzeichnen müssen, ist diese Pflanze mit ihren strahlend blauen Blüten ein absoluter Anziehungspunkt für die verschiedensten Insekten. Der Borretsch blüht vor allem in der Zeit Juli bis in den Oktober hinein, also auch im Hochsommer, wo es relativ wenig Blühpflanzen gibt, die Bienen und Hummeln Nahrung bieten. Ich persönlich finde es immer wieder faszinierend, wie viele unterschiedliche Wildbienen- und Hummelarten sich an dieser Pflanze laben. Diese Pflanze sollte in keinem Garten fehlen. Interessant für Gärtner dürfte sein, dass Borretsch bodenauflockernde Eigenschaften besitzt.


Beschreibung

Borretsch ist eine einjährige Pflanze, die vor allem sonnige und nährstoffreiche Standorte liebt. Je nach Standort kann sie eine Höhe von 50 bis 80 cm, teilweise sogar 100 cm erreichen. Die stark verzweigten Stängel sind hohl und ebenso wie die wechselständig angeordneten Blätter borstig behaart. Die graugrünen, runzlig-welligen Blätter sind grundständig gestielt, die oberen stängelumfassend. Sie sind länglich-eiförmig geformt und fleischig. Der starke Gurkengeruch und vor allem die stachelige Behaarung von Stängel und Blättern sind charakteristisch für den Borretsch. Ebenso auffällig sind die leuchtend blauen Kronblätter. Die strahlige Blüte ist ca. 15 bis 25 mm breit, blau, selten weiß. Am Schlund der Blumenkrone sieht man fünf weiße Schuppen. Der Borretsch blüht in der Zeit von Mai bis in den September hinein. Während die jungen, noch geschlossenen Blüten rosafarben sind, zeigen sich die geöffneten in diesem wundervollen Blau. Man vermutet, dass eine Veränderung der sauren und basischen Inhaltsstoffe der Pflanze dafür verantwortlich ist. Nach der Bestäubung entwickelt sich in den vier Fruchtfächern des Fruchtknotens ein hartes Nüsschen. An ihm befindet sich ein kleiner Eiweißkörper, Elaiosom, der für die Ameisen sehr interessant ist. Diese schleppen die Samen in ihren Bau, wo sie das Elaiosom ablösen. Der unbeschädigte, für sie nun aber uninteressante Samen wird von ihnen wieder aus dem Bau heraus transportiert. Da der Bau der Ameisen meist weit entfernt von den Pflanzen ist, wird auf diese Weise für die weitere Ausbreitung von Borretsch gesorgt.

 

Anwendung

* Behandlung von Brandwunden
* bei Stress, Stimmungsschwankungen und leichten Depressionen
* Blutreinigung
* Durchfall
* Fieber
* gestörter Fettstoffwechsel
* Herpes
* klimakterische Beschwerden
* Kopfschmerzen
* nervöse Herzbeschwerden
* Nieren- und Blasenbeschwerden
* Ödeme
* Prämenstruelles Syndrom (PMS)
* Rheuma, Gicht sowie andere Entzündungskrankheiten
* Schuppenflechte und Neurodermitis
* sexuelle Unlust
* Steinerkrankungen und schlechtes Harnverhalten
* Venenentzündungen
* verschleimte Atemwege, Husten u.a. Halserkrankungen
* Vorbeugung von Bauchfell- und Brustentzündungen 

Die Volksheilkunde nutzt Borretsch als entzündungshemmendes, blutreinigendes, schmerzlinderndes, herzstärkendes, harn- und schweißtreibendes, schleimlösendes, stimmungsaufhellendes und entwässerndes Mittel. Der Kommission E (BGA/BfArM) zufolge ist eine Wirksamkeit in keinem der Anwendungsgebiete belegt. 1 Pyrrolizindinalkaloide sind natürliche Pflanzenabwehrstoffe, die nach Darstellung von Verbraucherschützern nicht nur als leberschädigend gelten, sondern auch im Verdacht stehen, eine krebsauslösende Wirkung zu haben. Sie stehen unter Verdacht, es ist also nicht bewiesen. Auch existieren nicht wirklich Grenzwerte, ab welcher Menge die Leber geschädigt oder Krebs ausgelöst werden könnte. 

Nur weil man bei Laborversuchen Versuchstiere mit überdimensionalen Mengen an bestimmten Wirkstoffen "abfüllt" und diese u.a. mit Leberschädigungen u.ä. reagieren, wird daraus eine für den Menschen schädliche Pflanze. Das geht nicht nur dem Borretsch so, sondern auch Huflattich, Beinwell und fast 6.000 anderen Pflanzenarten, die diesen natürlichen Abwehrstoff in sich tragen. Es sollte jeder selbst entscheiden, ob er derartige Pflanzen meidet oder nicht. Andrea Schauff, Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale sagt: "Borretsch bildet den Untersuchungen der Technischen Universität Braunschwein zufolge immer relativ große Mengen dieser Pflanzengiftstoffe". Anderen Quellen zufolge enthalten Borretschblätter aber nur geringe Mengen von diesen Alkaloiden. "Ein 60 Kilogramm schwerer Erwachsener solle nach Empfehlung des Bundesinstituts für Risikobewertung nicht mehr als 0,42 Mikrogramm Pyrrolizidinalkaloide pro Tag aufnehmen, so die Verbraucherzentrale. Mit einer Portion Grüner Soße (etwa 50 Gramm Kräuter, davon 7 Gramm Borretsch) könne diese als unbedenklich geltende Aufnahmemenge um fast das Fünffache überschritten werden, bei einem Kleinkind um mehr als das 13-fache."

(https://www.welt.de/regionales/frankfurt/article129189644/Verbraucherzentrale-raet-von-Kuechenkraut-Borretsch-ab.html) Pro Tag. Wer nimmt denn JEDEN Tag - das heißt wirklich regelmäßig jeden Tag - eine Pflanze zu sich, die u.a. derartige Wirkstoffe bildet?  

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