Giersch
  
  
Aegopodium padagraria
Der Gewöhnliche Giersch gehört in  die Familie der Doldenblütler und ist aus der Gattung Aegopodium der einzige  Vertreter in Europa. Man findet ihn auch in Nordamerika und in den gemäßigten  Klimazonen Asien vor. Überall dort, wo es feuchte, schattige und  nährstoffreiche Böden gibt, in Gärten, an Waldrändern, in Parks sowie an Bächen  und Flussufern, siedelt er sich an. 
 Aegopodium kommt aus dem Griechischen und  bedeutet so viel wie "Fuß", was auf die Blätter der Pflanze bezogen  ist, die einem Ziegenfuß ähneln. Auch das lateinische Wort Aigipodes hat die  Bedeutung von ziegenfüßig bzw. geißfüßig. Es gibt wohl kaum eine Pflanze, die einerseits  so geliebt und andererseits so gehasst ist wie diese. Die schier unverwüstliche  Lebenskraft, die sich in absoluter, perfekter Anpassungsfähigkeit und vor allem  üppigem Wachstum widerspiegelt, hat wohl schon manchen Gärtner und  Gartenbesitzer in den Wahnsinn getrieben. Ihn auszurotten, scheint fast  unmöglich. Das kleinste Wurzelstückchen, das im Boden verbleibt, lässt eine  neue Pflanze entstehen. Und da die Wurzeln sehr zerbrechlich sind, ist es  unmöglich, alle Wurzeln gründlich zu beseitigen. Nicht umsonst heißt er u.a.  auch Gärtnerschreck, doch er ist auch unter den Namen Baumtropfen, Geißfuss,  Dreiblatt, Gichtkraut, Hirschtritt, Schwierkraut, Schattenblatt, Bodenholunder,  Schneckenkraut, Ziegenkraut, Hasenscharteln, Herke, Herske oder Podagrakraut  bekannt. Podagrakraut wird er genannt, weil das lateinische Wort Podagrarius  Gichtfuß bedeutet, denn bei Podagra ist das Großzehengrundgelenk geschwollen,  äußerst schmerzhaft, weil es entzündet ist und schon bei der kleinsten  Berührung sehr starke Schmerzen ausgelöst werden. Einige seiner Namen spiegelt  die Ziege wider (Ziegenkraut, Geißfuß). Dieses Tier wird im Germanischen mit  dem Mond assoziiert und steht für Fülle und Leben, was auch auf den Giersch  zutrifft. Es ist die Milch der Ziege Heidrun, die den an Odins Tafel sitzenden  gefallenen Helden die Unsterblichkeit garantiert. Giersch wird aber nicht nur  mit der Ziege in Verbindung gebracht, er gehört auch zu einigen der wichtigsten  Pflanzen in der germanischen und keltischen 9-Kräuter-Suppe, die bei unseren  Vorfahren den Ruf genossen hat, Kraft und Stärke für das ganze Jahr zu geben. Ebenso  soll er den Naturwesen geweiht gewesen sein. Kraft und Stärke erreicht man nur,  wenn man gesund ist. Alle in der 9-Kräuter-Suppe verwendeten Kräuter (auch wenn  sie regional überaus variieren) sind gesund - so auch der Giersch. Es heißt,  dass das Rezept dieser Kräutersuppe, die heutzutage vielen unter der  Bezeichnung Gründonnerstag-Suppe bekannt ist, auf einen angelsächsischen  Kräutersegen aus dem 10. Jahrhundert zurückgeht, der die stärksten Zauber- und  Heilpflanzen der Druiden beschwört. Der Giersch war Heilpflanze und Wildgemüse  in einem und kann wohl sogar mit als eines der ältesten Wildgemüsesorten in  unseren Breiten bezeichnet werden. Im Mittelalter, bevor der Spinat bei uns  heimisch wurde, war der Giersch schon als gesundes Nahrungsmittel bekannt und  besonders beim einfachen Volk sehr beliebt. In Klöstern und in Bauerngärten  wurde er sogar als Nutzpflanze angebaut, da man sich vor allem der wertvollen  Vitamine und Mineralstoffe dieser Pflanze nach einem langen und  entbehrungsreichen Winter bewusst war ebenso ihrer Heilkräfte. Das Wort  "Zipperleinskraut" ist darauf zurückzuführen, dass man schon damals  erkannte, welchen Wert diese Pflanze bei der Behandlungen von Gicht und  rheumatischen Erkrankungen hatte. Gicht in der Zehe bezeichnete man zu diesen  Zeiten auch als Zipperlein. Nicholas Culpeper beschreibt 1649 in seinem Kräuterbuch „The  Complete Herbal“ die Heilwirkung des Giersch folgendermaßen: „Man sollte nicht annehmen, dass  das Gichtkraut ohne zwingenden Grund seinen Namen bekam, sondern weil man  erfahren hatte, dass es die Gicht und die Ischiasschmerzen, also  Gelenkschmerzen und andere kalte Leiden zu heilen vermag. Schon das  Beisichtragen des Heilkrautes lindert die Schmerzen und schützt vor Befall.“  Ein damaliger Aberglaube besagt, dass Gicht eine sog. fahrende Krankheit sei,  also durch Schadenszauber angehext werden konnte. Wie konnte man sich besser  vor so einem Zauber schützen als mit einem Kraut, dass gerade bei diesem Leiden  so wirksame Hilfe brachte? So wurde Giersch in Schutzamuletten getragen oder  man "besprach" mit seiner Hilfe die Krankheit. Auch den alten Römern  war der Giersch nicht unbekannt, ganz im Gegenteil, sie bauten ihn sogar an.  Denn durch die gewaltigen Fressorgien, die bei den reichen Römern so beliebt  waren, schlug auch die Gicht gewaltig zu und aufgelegte Blätter des Gierschs  brachten entsprechende Linderung.
Heutzutage ist der  Giersch als Heilpflanze fast vergessen und in vielen (auch alten) Kräuterbüchern  findet man ihn überhaupt nicht. Schade eigentlich, denn der sog. Geißfuß kann  noch mehr, als "nur" eine starke gichtheilende Wirkung zu entfalten.  Er enthält so viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, dass jeder  Heilkundige vor Begeisterung in die Hände klatschen müsste. Allein von seinem  Mineralstoff-gehalt übertrifft er bei weitem den Grünkohl, der als eines der  mineralstoffreichsten Gemüse gilt. Dreizehnmal mehr Mineralstoffgehalt als im  Grünkohl. Auch die Zitrone muss sich ein wenig beschämt in die Ecke  zurückziehen. Ist sie nicht die große Vitamin-C-Bombe? Normalerweise ja, aber  der Gehalt des Giersch an diesem Vitamin ist viermal höher. Dieses so als  Unkraut beschimpfte Heilkraut wartet mit Inhaltsstoffen auf, die es in sich  haben: neben ätherischen Ölen, Flavonglykoside, Kaffeesäure, Chlorogensäure,  Phenolcarbonsäure, Provitamin A und C, Harzen, Cumarine sowie Saponinen enthält  er Bor, Titan, Carotin, Eisen, Kupfer, Kalium, Kalzium, Magnesium und Mangan usw..  Nicht umsonst wird er in der Volksheilkunde als blutreinigend und blutstillend,  entgiftend und krampflösend bezeichnet und wird nicht nur gegen die Gicht,  sondern auch bei Rheuma, Arthrose und Arthritis eingesetzt, da er u.a. auch  entzündungshemmend wirkt. Zusätzlich wirkt er harnsäurelösend sowie entwässernd  (Gicht) und appetitanregend. Eigentlich ein kleines Wunderwerk zum Heilen. Doch  der modernen Medizin fehlen die Beweise, außerdem lohnt es sich nicht,  Forschungsgelder in eine Pflanze zu investieren, da man sie nicht patentieren  kann. So ist es ja auch bei vielen anderen Kräutern. Alles nur bedingt. Doch  allein schon aufgrund seiner vielfältigen Inhaltsstoffe und seiner  blutreinigenden, entschlackenden und entwässernden Wirkung ist er nach dem  langen Winter ideal geeignet für eine Frühjahrskur. Wenn man ihn noch mit  anderen Wildkräutern, wie Brennnessel, jungen Schafgarben- und Löwenzahnblätter  sowie anderen Frühlingspflanzen, die viele Gerb- und Bitterstoffe enthalten,  kombiniert, gibt es wohl für unseren Körper nichts Besseres.
Doch Giersch kann  nicht nur für Krankheiten in Form von Tees, Umschlägen oder Bädern eingesetzt  werden, er schmeckt auch gut und ist ein kleiner Tausendsassa bei der  Zubereitung der verschiedensten Speisen. Wie oben schon erwähnt, findet er  immer noch seinen Einsatz in der sog. Gründonnerstagsuppe (9-Kräuter-Suppe  unserer Vorfahren). In der modernen Wildkräuterküche ist er richtig beliebt  geworden, denn der Gierschgeschmack ähnelt der der Petersilie, nur noch lieblicher.  So findet er seinen Einsatz in Salaten, als Spinatersatz, gemeinsam mit anderen  Kräutern als Pesto, in Kräuterquark und -butter, in Suppen,  in verschiedensten Füllungen oder als  wohlschmeckende und erfrischende Kräuterlimonade, wo sich ganz besonders seine  zart duftenden Blüten anbieten. Ältere Blätter werden manchmal ein wenig  faserig, aber wenn man Giersch regelmäßig erntet, wachsen immer wieder neue,  junge Blättchen nach. Und das regelmäßige Ernten hat noch einen Vorteil. Er  vermehrt sich nicht mehr so schnell. Hierzu ein kleiner Tipp: Wer Giersch im  Garten eindämmen möchte, sollte 1. regelmäßig die Blätter ernten und 2. mag er  Buschbohnen nicht.
Giersch kann man  eigentlich das ganze Jahr über sammeln, sogar in einem warmen Winter, da die  Pflanze als winterteilgrün gilt, das heißt, Blätter auch im Winter zu finden  sind. Gesammelt werden die Blätter und Sprossen in der Zeit von April bis Juli,  die Wurzeln im Frühjahr und Spätherbst und die Früchte ab Juli. Bei der Ernte  ist aber einiges zu beachten. Der Giersch als Doldenblütler hat viele ähnlich  aussehende Verwandte, die giftig sind. Das beste Erkennungsmerkmal m.E. ist der  dreikantige Stiel, der oben eine Furche aufweist. Die zerriebenen Blätter sind  dreigeteilt und riechen, wenn man sie zerreibt, ähnlich wie Petersilie. Das  findet man bei seinen giftigen Doppelgängern nicht. Der Giersch wird - wenn  auch nicht allzu oft - von einem Rostpilz befallen. Ein anderer Pilz erzeugt an  den Blattstielen und -nerven Gallen, ebenso ein Blattfloh. Diese Blätter und  Stiele sollte man nicht ernten.
Beschreibung
Der Giersch ist eine ausdauernde krautige Pflanze und kann Wuchshöhen von 30 bis sogar 100 cm erreichen. Aus seinem stark wuchernden Rhizom bilden sich die unterirdisch kriechenden verlängerten Seitensprossen, auch als Ausläufer-Kolonien bezeichnet. Diese dienen, neben dem Samen, der Vermehrung der Pflanze. Der aufrechte Stängel des Giersch ist aufrecht, dreikantig mit einer tiefen Rille gefurcht und hohl. Die grundständigen Blätter (winterteilgrün), die ihm auch den Namen Dreiblatt gegeben haben, sind dreiteilig ebenso die Stängelblätter, die man einfach bis doppelt dreiteilig vorfindet. Sie sind mehr oder weniger tief geschnitten. Aus dem Stängel wachsen Nebenäste, auf denen die weißen Blütendolden sitzen. Diese ähneln der wilden Möhre, der Bibernelle und anderen Doldenblütlern. Sie haben einen ganz zarten, angenehmen Duft. Diese Blütendolden sind flach und 12- bis 25strahling. Die weißen Blüten, die in der Zeit von Juni bis Juli zu sehen sind, sind fünfzählig und gelten als zwittrig. Die kümmelähnlichen Samen sind unbeflügelt, eiförmig und haben eine Länge von 3 bis 4 mm.
Anwendung
* Gicht und Rheuma
    * Arthrose und Arthritis
    * Wassersucht
    * Blasenentzündung
    * Durchfall
    *  bei Husten und Lungenkatharr
    * hartnäckiger Schnupfen (laut  Kräuterpfarrer Künzle)
    * Hämorrhoiden
    * Krampfadern
    * Ischias und Hexenschuss
    * Insektenstiche
    * Frühjahrsmüdigkeit
    * Appetitlosigkeit
    * Verbrennungen
    * fördert den Stoffwechsel
    * schwemmt im Bindegewebe eingelagerte  Giftstoffe und Säuren aus und entsäuert


